Starkregen, kann ein Haus hierdurch einstürzen?

Nach Schadenereignissen sind die meisten Betroffenen bereit, Maßnahmen zu ergreifen, um beim nächsten Hochwasser weniger Schaden zu erleiden. Eine spontane Idee ist oft das abdichten des Baukörpers mit einsetzbaren Bauteilen bis hin zum zumauern von Fenster- und Türöffnungen.



Kräfte am Bauwerk im Wasser

Gelingt es durch Abdichtung das Wasser aus dem Gebäude fernzuhalten, wirken Auftrieb von unten und horizontaler Wasserdruck seitlich (siehe Grafik) auf die im Wasser stehenden Gebäudeteile. Dabei ist es unerheblich, ob anstehendes Grundwasser oder Hochwasser auf das Gebäude einwirkt. Die auftretenden Kräfte sind gewaltig.

Auf ein Gebäude z. B. mit 100 m2 Grundfläche wirken bei überflutetem Keller von 2,5 m Höhe
250 t Auftrieb. Diesem Auftrieb muss die Konstruktion mit dem Gebäudegewicht entgegenwirken, um Verschiebungen zu vermeiden. Das Eigengewicht der wenigsten Häuser reicht dazu aus.




Risse und Standsicherheit
Erfahrungsgemäß sind die wenigsten Häuser mit einer ausreichend stabilen Wanne ausgeführt, um die auftretenden Kräfte aufnehmen zu können. Entsprechend zeigen sich die Schadenbilder nach Hochwässern und länger hoch anstehendem Grundwasser.

Gebäude mit Einzel- oder Streifenfundamenten sind in der Regel nicht druckwasserdicht und laufen mit ansteigendem Wasserstand voll. Die Kellerwände, in der Regel aus Material, das schwerer ist als Wasser, erzeugen keinen Auftrieb. Der im Gebäudeinneren anstehende Wasserdruck kompensiert den Wasserdruck von außen.
Oft wird jedoch auch mit Streifen- und Einzelfundamenten bei betonierten Kellerböden (Grafik 2 a) oder bei als Sauberkeitsschicht eingebrachten Gründungsplatten (Grafik 2 b) eine nahezu dichte Konstruktion erreicht, die gar nicht oder nur sehr langsam vollläuft. Auch durch nachträgliche Verpressungen gegen aufsteigendes Grundwasser wird eine nahezu dichte Konstruktion geschaffen.


Grafik 2: Konstruktion mit kellerboden (a) und Gründungsplatte (b)


Solche Objekte sind stark gefährdet. Risse im Kellerboden als Folge des Auftriebs oder Risse in den Wänden infolge des Wasserdrucks sind als Schäden zu beobachten. Je nach Ausmaß der Risse und der eingetretenen Verschiebungen sind die Gebäude einsturzgefährdet.

Solche Objekte sind im Gefahrenfalle so zu fluten, dass der Wasserstand innerhalb und außerhalb gleich hoch ist. Unterhalb der zu erwartenden Wasserlinien liegende Elektroleitungen sind vor der Flutung stromlos zu schalten. Bei zurückgehendem Hochwasser darf (auch wegen ggf. noch anstehendem Grundwasser) keinesfalls zu schnell abgepumpt werden, weil durch Auftrieb und Wasserdruck Böden und Wände weiterhin gefährdet sind. Bei unbefestigten Kellerböden ist zudem beim Auspumpen auf das Aufrühren des Schlammes zu verzichten, um den Keller nicht bis unter die Gründungssohle freizulegen.


Aufschwimmen und Schiefstellung

Gebäude mit Wannengründung (weiße Wanne = wasserundurchlässiger Beton, schwarze Wanne = mit Bitumen abgedichtete Konstruktion) sind druckwasserdicht und konstruktiv für den höchsten anzunehmenden Grundwasserstand ausgelegt.
Wird dieser Wasserstand durch Hochwasser oder Grundwasseranstieg überschritten gibt es zwei Problemfelder, vor allem, wenn im Vertrauen auf die dichte Wanne sensible Haustechnik und die Elektroversorgung unterhalb der dann eintretenden Wasserlinie untergebracht sind.

Problem A ist, dass der Wasserspiegel die Höhe der dichten Konstruktion übersteigt und Wasser eindringt. Dieser Fall wäre durch eine ausreichend hohe Abdichtung zu beherrschen.

Problem B tritt auf, wenn der Auftrieb und der Wasserdruck die konstruktiven Sicherheiten  überschreiten. Hier sind dann drei Versagensfälle zu unterscheiden.

  1. Der Auftrieb ist größer als das Gebäudegewicht. Dies führt zum Aufschwimmen und ggf. zur Schiefstellung des Gebäudes.
  2. Die Auftriebskraft übersteigt die konstruktiv berücksichtigte Kraft in der Bodenplatte. Ggf. erfolgt der Bruch der Bodenplatte.
  3. Der Wasserdruck übersteigt die konstruktiv berücksichtigte Kraft der Seitenwände. Risse, Brüche oder Schiefstellung sind möglich.



Aufschwimmen von Öltanks
Neben dem gesamten Haus sind schon bei geringeren Wasserständen Öltanks durch Auftrieb und Wasserdruck gefährdet.
Hinzu kommt bei einigen Tanktypen das Beulen, ein Verformen mit Zusammenquetschen des Tanks infolge des Wasserdrucks.

Unter- und oberirdische zylinderförmige Stahltanks, die doppelwandig ausgeführt sind. Diese Tanks sind durch hohe Auflast oder ausreichende Verankerung problemlos gegen Auftrieb zu sichern. Ein Beulen tritt wegen der zylindrischen Form nicht auf.

Öltanksicherung: Es ist einfach und kostengünstig




Folgende Tanktypen sind heute im Gebrauch:
  1. Unter- und oberirdische zylinderförmige Stahltanks, die doppelwandig ausgeführt sind. Diese Tanks sind durch hohe Auflast oder ausreichende Verankerung problemlos gegen Auftrieb zu sichern.  Ein Beulen tritt wegen der zylindrischen Form nicht auf.
  2. Kellergeschweißte Stahltanks von quaderförmigem Querschnitt mit als Auffangwanne ausgebildeten, beschichteten Kellerwänden. Diese Tanks werden gelegentlich verschoben und stark verformt, bleiben aber in der Regel dicht. Bei ausreichend stabiler Decke werden die Auftriebskräfte durch das Gebäude aufgenommen. Häufig werden Einfüllstutzen und Saugleitungen beschädigt. Nach Überprüfung der Deckenkonstruktion kann eine Auftriebssicherung eingebracht werden, die den Tank an der Decke abstützt und Beschädigungen an Einfüllstutzen und Saugleitungen künftig vermeidet.
  3. Batterietanks aus Stahl oder Kunststoff mit Auffangwannen. Diese gerade in Ein- und Zweifamilienhäusern sehr verbreitete Bauart neigt ohne Sicherung zum Kippen durch Auftrieb und zum Zusammenquetschen durch Wasserdruck. Meistens werden Einfüllstutzen und Saugleitungen beschädigt. Oft läuft Öl aus, mit verheerenden Folgen für Gebäude, Inventar und Umwelt. Als Auftriebsicherung kommt eine Stützkonstruktion zur Decke  oder eine Verankerung im Kellerboden oder bei ungeeignetem Boden an zusätzlich eingebrachten schweren Konstruktionen in Frage. Das Beulen ist mit Nachrüstung nicht zu vermeiden. Allerdings sind Neukonstruktionen möglich, die zwar gering beulen, aber nicht beschädigt werden. Bei nicht beulsicheren Altanlagen hilft bei drohender Überflutung nur das Auffüllen des Leeraumes im Tank mit Wasser, was eine sofortige Stillegung der Heizung und die später notwendige Entsorgung des Öl-Wasser-Gemisches nach sich zieht. Dies ist aber immer sehr viel billiger als ein Ölschaden.

Häuser aus Beton schwimmen genau so wie Schiffe aus Stahl. Unsere Häuser sind aber nicht für das Schwimmen konstruiert worden.

Eine Elementarversicherung sowie eine Gewässerschadenhaftpflichtversicherung schützt Sie vor den finanziellen folgen, sparen Sie nicht an falscher Stelle um Ihr hab und Gut zu schützen.


Vielen Dank für Ihre Zeit
Ihr
Andreas Piechel

Kommentare

Frank Gehring hat gesagt…
Kompliment, Herr Piechel.
Sehr gute Kundeninformation.
Weiter so.
Frank Gehring

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