Fogging oder Hilfe meine Wände sind Schwarz

Das Fogging – Phänomen
Schwarzstaubablagerungen in Wohnungen

Rätselhafte schwarze Räume

Von Zeit zu Zeit müssen Wohnungen renoviert werden. Das wissen Mieter und Hauseigentümer.
Seit nunmehr knapp 15 Jahren wird immer wieder über Fälle berichtet, in denen Wohnräume überraschend in sehr kurzen Zeiträumen einen hohen Verschmutzungsgrad aufweisen.
In wenigen Monaten, manchmal auch nur Wochen, traten Schwarzfärbungen an Wänden und Decken auf, deren Ursache rätselhaft erschienen. Dieses Phänomen wird als das Fogging-Phänomen beschrieben. Es existieren aber auch andere Bezeichnungen wie Schwarzstaubablagerungen oder Magic-Dust.


Dem Problem auf der Spur

Die schwarzen Ablagerungen auf Wänden und Decken sehen auf den ersten Blick wie Rußablagerungen aus. Deshalb vermuten Betroffene als Ursache oft undichte Schornsteine, defekte Heizungs- anlagen oder auch die häufige Verwendung von Kerzen und Ähnliches. Untersucht man die Ablagerung jedoch näher, so kann Verrußung als Ursache in aller Regel ausgeschlossen werden. Im IFS sind solche Ablagerungen wiederholt mit Hilfe der Rasterelektronenmikroskopie untersucht worden. Dabei lassen sich Rußpartikel sehr eindeutig von anderen Ablagerungen und Stäuben unterscheiden.
Das Umweltbundesamt führte Ende der neunziger Jahre zwei Fragebogenaktionen durch, mit denen Gemeinsamkeiten und Unterschiede des Schwarzstaub- Phänomens in Wohnungen festgestellt werden sollten. Bis Ende 2001 wurden insgesamt 287 Fälle ausgewertet; hier die wichtigsten Ergebnisse:


  • Die Ablagerungen wurden von den Befragten überwiegend als „ölig- schmierig“ und „schwarz-grau“ bezeichnet. Sie traten nahezu ausschließlich während der Heizperiode auf.
  • Die Ablagerungen traten grundsätzlich in allen Räumen auf, wobei das Wohnzimmer oftmals am stärksten betroffen war.
  • Grundsätzlich konnten alle Flächen in der Wohnung betroffen sein. Der schwarze Staub setzte sich jedoch hauptsächlich oberhalb von Heizkörpern, an Gardinen und Vorhängen, auf Fensterrahmen, Kunststoffflächen, an elektrischen Geräten sowie auf der Innenseite von Außenwänden ab.
  • Die Wohnungen waren in aller Regel mit modernen Heizungsanlagen ausgestattet. Kohleöfen, Kamine und Kerosinheizgeräte spielten keine Rolle.
  • Die meisten Räume enthielten Teppichböden und Raufasertapeten. Der überwiegende Teil der betroffenen Wohnungen wurde vor dem Auftreten des Phänomens renoviert (68 Prozent) oder neu gebaut (24 Prozent).
  • Der Anteil der Raucher und Nichtraucherhaushalte bei den erfassten Wohnungen hielt sich in etwa die Waage.


Das Phänomen „Schwarze Wohnungen“ tritt gehäuft erst seit den 90er-Jahren auf. In der Literatur vereinzelt zu findende frühere Darstellungen haben in der Regel einen anderen Entstehungshintergrund - wie Verrußungen, Verbrennung von Teppichflusen und ähnliches. Da das Problem immer nur nach Renovierungsarbeiten oder Erstbezug neu errichteter Wohnungen in Erscheinung tritt, müssen hierin die Hauptgründe liegen.



Aus den Untersuchungen wurde der Schluss gezogen, dass das Phänomen der schwarzen Wohnungen offensichtlich in einem Zusammenhang mit Bau- und Renovierungsarbeiten steht.









Was hat sich aber in den 90er Jahren bei Bau- und Renovierungsarbeiten verändert? 

Welche Faktoren sind es, die zum Auftreten des Fogging-Phänomens beitragen?
Eine Schlüsselrolle in diesem Geschehen spielen nach heutigem Kenntnisstand schwerflüchtige organische Verbindungen, sogenannte SVOC (semivolatile organic compounds).

Diese Verbindungen finden seit den 90er Jahren verstärkt Anwendung. Anstelle der stärker gesundheitsgefährdenden, leicht verdampfenden Lösemittel werden sie nun vielfach in Bau- und Renovierungsprodukten verwendet. Wegen des relativ geringen Dampfdruckes sind sie in der Regel nicht zu riechen und auch weniger gesundheitsbedenklich als die leichtflüchtigen Lösemittel. Die entsprechenden Produkte können als lösemittelfrei deklariert werden und gelten damit als umwelt- freundlich, und das Prädikat „lösemittelfrei“ gilt heute als ein wichtiges Werbe- und Verkaufsargument.


In der Tabelle sind einige typische Vertreter dieser SVOCs dargestellt, zusammen mit typischen Anwendungsfeldern.



Wie solche Stoffe zum Fogging-Effekt beitragen können, möchte ich an einem fiktiven Beispiel schildern:

In einer Wohnung wird ein neuer Fußbodenbelag verlegt, der aus PVC besteht. PVC enthält als Weichmacher Phthalsäureester. Während der folgenden Heizperiode verdampfen diese partiell und werden damit in die Raumluft abgegeben. Jetzt kommt ein zweiter Effekt hinzu, der seit den 90er Jahren an Bedeutung gewann. In der Wohnung findet nur ein eingeschränkter Luftaustausch statt, da aufgrund der Wärmeschutzverordnung von 1995 bzw. der Energieeinsparverordnung von 2002 und 2009 die Gebäudehülle sehr gut gedämmt und abgedichtet ist.
Dadurch reichert sich der Weichmacher in der Raumluft an. Da es sich um schwerflüchtige organische Verbindungen handelt, die oberhalb von 200° C sieden, neigen sie unter bestimmten Bedingungen zur Kondensation. Diese Kondensation kann insbesondere an kalten Oberflächen stattfinden.

Das Vorhandensein von kalten Oberflächen ist ein weiterer Faktor für das Fogging-Phänomen. Zum Beispiel Baumängel in Form von Kältebrücken können solche kalten Oberflächen verursachen.

Damit ist ein möglicher dritter Faktor beschrieben.

Durch die Kondensation auf den kalten Oberflächen entsteht ein klebriger Film. Feinstaub, der immer in Wohnungen vorhanden ist und durch Konvektion transportiert wird, klebt an den Kondensaten fest. Die schwarz erscheinenden Ablagerungen entstehen.
Wahrscheinlich gibt es aber weitere Faktoren, die die Schwarzstaubablagerungen mit verursachen. Das komplexe Geschehen ist bis heute nicht völlig geklärt. So traten beispielsweise in identisch reno- vierten Mietwohnungen nur in einigen wenigen Fällen Schwarzstaubablagerungen auf, ohne dass man die Gründe dafür genauer spezifizieren konnte.


Sanierung, was können Sie tun?
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Für die von Schwarzstaubablagerungen in ihren Wohnungen Betroffenen geht es nach dem Auftreten des Phänomens um die Frage:
Was ist zu tun?
Da mehrere Faktoren das Entstehen der schwarzen Ablagerungen hervorrufen, kann schon das Ausschalten eines Faktors Abhilfe bringen.

Klar ist, dass für die Sanierung renoviert werden muss.
Ist die ursprünglich verwendete Wandfarbe selbst die Ursache, wird nach der Renovierung der Effekt nicht wieder auftreten, wenn dabei eine Farbe verwendet wird, die keine SVOC enthält.

Gibt es aber eine ander Ursache, so können auch nach einer Renovierung erneut Ablagerungen auftreten.
Somit wäre es empfehlenswert,  die mögliche Ursache der schwerflüchtigen organischen Stoffe zu ermitteln.

Gab es vor dem Schadenfall nur eine wesentliche Veränderung wie z.B. einen neuen Anstrich oder einen neuen Teppich, werden diese sehr wahrscheinlich die Ursache sein.

Anderenfalls können aufwändige Untersuchungen notwendig werden, die schnell normale Reno- vierungskosten überschreiten und zusätzlich anstehen. Auch ohne genaue Kenntnis der Ursachen kann Heizen und Lüften im Wechsel über einen längeren Zeitraum dazu beitragen, die SVOC zu verdampfen und aus der Wohnung zu entfernen.
Die Wahrscheinlichkeit, dass nach der Renovierung erneut Schwarzstaubablagerungen auftreten, lässt sich so deutlich senken. Im Zweifelsfall sollte der Rat von lokalen Umweltämtern oder Umweltlabors eingeholt werden.

Vorbeugung
Da der wichtigste Faktor für das Auftreten des Fogging-Phänomens die SVOC sind, sollte man möglichst  Bau- und Einrichtungsprodukte verwenden, die diese Stoffe nicht oder nur in geringen Konzentrationen enthalten. Das sind zum Beispiel Dispersionsfarben, die mit dem Blauen Engel gekennzeichnet sind. Renovierungen im Frühjahr wirken auch vorbeugend, da in der wärmeren Sommerzeit mit verändertem Lüftungsverhalten anfängliche Ausgasungen bereits aus der Wohnung entfernt sind, ehe in der Heizperiode das Phänomen auftreten kann.



Im Rahmen einer Hausratversicherung ist das Fogging-Phänomen nicht als versicherter Schaden definiert und somit nicht versicherbar.


AN WEN KÖNNEN SICH BETROFFENE WENDEN?
Von plötzlichen Schwarzstaubablagerungen betroffene Bewohner sollten zunächst Kontakt mit den örtlichen Gesundheits- und Umweltämtern aufnehmen. Viele Ämter sind - nicht zuletzt durch die Aufklärungsarbeit des Umweltbundesamtes - über dieses Problem informiert und können Tipps für das weitere Vorgehen geben. Kann man von dort nicht selbst weiterhelfen, wird man in der Regel den Betroffenen Adressen von Umweltanalysenlabors in der Nähe mitteilen können, die Innenraummessungen und speziell „Fogging“ Messungen und beurteilungen vornehmen können. Adressen von Sachverständigen und Analysenlabors können zudem über örtliche Industrie- und Handelskammern erfragt werden. Auch örtliche Verbraucherzentralen können nützliche Auskünfte geben.




Vielen Dank für Ihre Zeit
Ihr
Andreas Piechel

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